David gegen Goliath

Jedes Kind versteht die Situation: Die Maschinen übernehmen die Arbeit. Erst die körperliche Arbeit, dann die repetitive geistige Arbeit. Ein Menschheitstraum geht in Erfüllung.

Doch, das Paradoxe ist: Wir spüren nichts davon. Wir erleben es anders. Mehr Verunsicherung, Sorge um den Arbeitsplatz, Zerstörung der Umwelt, Auflösung des Kitts der Gesellschaft. 

Es reicht. Die Früchte des technischen Fortschritts werden uns vorenthalten. Wir ziehen die Rote Karte für eine Ökonomie, die uns in die falsche Richtung führt. Wir dürfen ihr nicht die Gestaltung der Zukunft überlassen.

Wir ersetzen eine »Ökonomie von oben« durch eine »Ökonomie der vielen«. Mit neuen Akteuren, anderen Werten, neuen Sichtweisen und intelligenteren Problemlösungen. 

Mischen wir uns ein! 

günter faltin

Günter Faltin baute den Arbeitsbereich Entrepreneurship an der FU Berlin auf. Vor 30 Jahren gründete er die Teekampagne­ – eine einzigartige Erfolgsgeschichte –­ und begleitet heute als Business Angel zahlreiche Unternehmen. Sein Buch »Kopf schlägt Kapital« ist ein Bestseller, der bisher in acht Sprachen übersetzt wurde. Er lebt und arbeitet in Berlin und Chiang Mai.

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Inhaltsübersicht

DAS ENDE DES MANGELS

Über die Frage, was mit einem Wirtschaftssystem passiert, das durch permanenten technischen Fortschritt den materiellen Mangel beseitigt, haben bereits vor Jahrzehnten Wirtschaftswissenschaftler wie etwa Robert Heilbroner und Wassily Leontief nachgedacht. Die bekannteste und brillanteste Analyse stammt von John Maynard Keynes.

DIE DUNKLE SEITE DES MARKETINGS

Der Begriff »Marketing« klingt zunächst harmlos und vernünftig. Man muss die Waren doch zu Markte tragen! Herstellen allein reicht nicht. Man muss die Waren transportieren und verteilen. Die meisten Menschen denken bei Marketing nur an diesen Aspekt. Aber die Kosten dafür betragen nur einen Bruchteil des Marketingbudgets.

DIE GROßE FEHLKALKULATION

Der Begriff »Fehlallokation« berührt ein zentrales Thema der Wirtschaftswissenschaft, die ihre Aufgabe darin sieht, zu analysieren, wo Ressourcen eingesetzt werden müssen, um den größten Nutzen zu erzielen (= optimale Allokation). Stattdessen werden unsere Mittel verschleudert. Versuchen wir, die Dynamik und das Ausmaß zu erfassen.

EIN BLICK IN DIE WIRTSCHAFTSGESCHICHTE

Schon am Ausgangspunkt des westlichen Ökonomieverständnisses, bei Aristoteles, blitzt der Gedanke auf, dass die Ökonomie zu viel des Guten tun könnte. Die Götter der griechischen Mythologie verfügten über ewiges jugendliches Leben, mit dem göttlichen Nektar über unbegrenzte köstliche Nahrung, und sie benötigten keine Behausung. So konnten sie unbekümmert und sorgenfrei einfach dasitzen, die Welt betrachten und daraus Schlüsse ziehen. Im Griechischen wurde diese Art der unabgelenkten Weltbetrachtung mit dem Begriff theorein (Theoriebildung) bezeichnet.

GEWINNMAXIMIERUNG UND IHRE FOLGEN

Die Betriebswirtschaftslehre ist kein Fach für Fantasie, sie ist auch keine Disziplin, die besonders befähigen würde, in die Zukunft zu sehen. Im Gegenteil. Ihr Augenmerk ist nach innen gerichtet. Sie ist aus dem Bedarf nach effektiver Organisation von Großunternehmen entstanden. Dafür ist die Betriebswirtschaftslehre gut und wichtig.

DIE FRÜCHTE DES FORTSCHRITS WERDEN UNS VORENTHALTEN

Zurück zu Keynes und Rifkin: Das Ende des Mangels, ein Leben ohne materielle Sorgen, Produktion fast ohne Kosten – so hörte sich die Zukunft an. Die technologische Seite hat diese Erwartungen erfüllt. Neue Werkstoffe, neue Verfahren, neue Technologien, sie alle haben zu sparsamerem Einsatz von Mitteln geführt oder die Produkte technisch verbessert. Auch der organisatorische Fortschritt hat sich über Erwarten gut entwickelt. Der Doyen der Managementliteratur, Peter F. Drucker, konstatierte für das 20. Jahrhundert eine 50-fache Steigerung der Produktivität der Industriearbeit.

die herausforderung der zukunft angehen

Stephen Hawking, der bekannte britische Physiker, hat kurz vor seinem Tod eindringlich davor gewarnt, dass die Menschheit vor Gefahren stehe, die langfristig ihre Existenz gefährdeten. Wir hätten die Technologien entwickelt, die den Planeten, auf dem wir leben, nach und nach zerstören, aber nicht die Fähigkeit, der Erde zu entkommen.

was wir aus dem historischen kampf um mehr demokratie erkennen können

Wieder lohnt ein Blick in die Geschichte. Diesmal in die Geschichte der Regierungsformen. Von der Herrschaft einer einzigen Person oder Gesellschaftsschicht hin zur Demokratie mit einem offenen Feld, einem breiten Spektrum von Werten und Sichtweisen. Von der Alleinherrschaft zu einem System, in dem Opposition zugelassen, ja institutionalisiert ist.

der citoyen als entrepreneur

Wir bauen auf Menschen, die in ihrem Gemeinwesen verankert sind und sich dafür engagieren. Früher nannte man einen solchen Menschen, etwas anspruchsvoll und hochtrabend vielleicht, den Citoyen. In der europäischen Geschichte spielte er von der Renaissance bis heute eine unverzichtbare Rolle.

diversity creates innovation

»Jeder Mensch ist ein Künstler.« Joseph Beuys meinte mit diesem berühmt gewordenen Satz nicht, dass jeder ein Bild von der Qualität eines Rembrandt malen könne, sondern dass jeder Mensch auf seine Weise und vor seinem Hintergrund einzigartig sei, in seinen Erfahrungen wie in seinem Denken. Wir alle verfügten über die Gabe der Neugierde und sähen Dinge anders als andere. Daher

die chancen der davids

Eines vorweg: Sie können als Entrepreneur in einer Materialschlacht des Marketings nicht gewinnen. Wenn David mit den Waffen des Goliath antritt, verliert er. Die klassische Betriebswirtschaftslehre hat vor allem die economies of scale im Auge, also die Kosteneinsparungen bei Großserien. Wir können aber auch andere Sparpotenziale nutzen.

das kapitalistische System abschaffen?

Ich habe in diesem Buch unser real existierendes Wirtschaftssystem scharf kritisiert. Seine Dynamik bedroht unsere Lebensgrundlagen und führt zu einer massiven Fehlallokation von Ressourcen. Wäre es nicht die logische Konsequenz, die Abschaffung dieses Systems zu verlangen? Ein anderes Wirtschaftssystem wird in der Tat heute von vielen Menschen gefordert. Zu schnell vielleicht.

vom wollen zum tun

Wir haben festgestellt, dass das Feld der Ökonomie auf andere Werte und eine andere personelle Besetzung angewiesen ist. Wir haben argumentiert, dass sich der Citoyen stärker gegen einen Durchmarsch der Ökonomie positionieren kann – als Citizen Entrepreneur. Beschäftigen wir uns jetzt mit der Frage, wie diese andere Ökonomie ganz praktisch funktionieren kann.

die freundschafts- ökonomie

Freundschaft ist ein hohes Gut. In der Ökonomie allerdings gilt sie wenig. Von der konventionellen Ökonomie wird sie nicht gewürdigt. Die Beziehung zum Freund wird dort benutzt und kommerzialisiert. Den Freunden ein Produkt aufschwätzen und eine Prämie dafür kassieren – ich nenne das Judaslohn. Die Qualität einer menschlichen Beziehung, der Wert, den Freunde füreinander darstellen, wird dadurch korrumpiert.

der marketing-rucksack

In Analogie zum »ökologischen Rucksack« eines Produkts kann man vom »Marketing-Rucksack« sprechen, der einem Produkt aufgebürdet wird. Er beziffert die Differenz zwischen Herstellungskosten und Verkaufspreis. Darin stecken nicht nur Ausgaben, wie wir sie im Zusammenhang mit dem Marketing-Monster beschrieben haben, sondern auch Beträge für Transport oder Verkaufssteuern.

new entrepreneurs, new companies

Wenn Sie als »New Entrepreneur« beim kleinen »u« bleiben wollen, also etwas unternehmen, was Ihnen und Ihrem Umfeld nutzt: gut. Dann tragen Sie bitte weiter, was Sie erlebt haben. Erzählen Sie davon. Auch damit verringern Sie den Marketing-Rucksack und entziehen den Nestlés und Unilevers Umsatz und Einfluss. Aber wenn Sie zum großen »U« übergehen und ein Unternehmen gründen wollen, das über den engen Kreis von Freunden und Nachbarn hinausgeht: umso besser.

für eine neue marketingkultur

Solange wir uns noch in einer totalen Marketingwelt befinden, ist es für anders Wirtschaftende naturgemäß schwer, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wenn man Marken mit Skepsis gegenübersteht: Wie soll man sein Produkt im Feuerwerk des Marketings bemerkbar machen?

entrepreneurship als volkssport

Die etablierten Unternehmen werden nicht aufhören, künstlichen Mangel zu erzeugen. Sie werden auch nicht ihre Markenstrategien aufgeben und die Produktpreise näher an die Herstellungskosten bringen. Sie bleiben als Goliaths auf dem Kampfplatz stehen. Wenn wir daran etwas ändern wollen, müssen wir selbst als Davids, als Entrepreneure tätig werden. Müssen Alternativen bieten, die den Goliaths die wirtschaftliche Macht streitig machen.

jenseits der gier

»Es mag bald ein Punkt erreicht sein«, so John Maynard Keynes in seiner Prognose von 1930, »vielleicht viel eher, als wir uns alle bewusst sind, an dem unsere absoluten Bedürfnisse in dem Sinne befriedigt sind, dass wir es vorziehen, unsere weiteren Kräfte nicht-wirtschaftlichen Zwecken zu widmen.« Zum ersten Mal werde der Mensch damit vor seine wirkliche, seine beständige Aufgabe gestellt sein – wie seine Freiheit von drückenden wirtschaftlichen Sorgen zu verwenden sei, damit er weise, angenehm und gut leben könne.

unsere vorstellungskraft – der unbegrenzte rohstoff

»Unser wahres Analphabetentum ist das Unvermögen, kreativ schöpferisch tätig zu sein«, sagte der österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser. Unsere Vorstellungskraft, unsere Ideen, die Kombination von Gedanken sind unbegrenzt. Bislang gibt es keinen Beleg dafür, dass unserer Kreativität Grenzen gesetzt sind. Wir wissen nicht wirklich, was menschlicher Geist vermag.

konsum de-materialisieren

Vielleicht kommt uns die digitale Technologie entgegen, um die Welt des Konsums vom Ressourcenverbrauch abzukoppeln. Vielleicht werden wir später einmal sagen, der Startpunkt des de-materialisierten Konsums liege beim Beginn des World Wide Web. Einer Epoche, in welcher der Haben-Modus zurückgetreten ist, weil die Virtualität eine viel größere Rolle spielte als bisher. Weil Virtualität in aller Regel mit De-materialisieren, also weniger Verbrauch an Ressourcen, einhergeht.

ökonomie als nebensache

Wenn die materielle Versorgung einer Gesellschaft mit Gütern gelöst ist – was kommt dann? Wenn wir Marx’ Weg in die Freiheit, die Keynes’sche Prognose und Ludwig Erhards »Wohlstand für alle« erreicht haben – was kommt danach? Womit beschäftigen wir uns dann? Um es drastisch zu sagen: Es ist das Ende der Ökonomie, wie wir sie kennen.

die vision

Wir haben die Barriere der materiellen Not und des Mangels hinter uns gelassen. Ein Menschheitstraum geht in Erfüllung. Wir werden mehr Zeit für uns selbst, für unsere Lieben und Vorlieben haben. Weniger Arbeit wird uns Raum und Muße geben für die Versöhnung mit der Natur, für unsere eigene Bildung und Entwicklung, für die Beschäftigung mit Kunst und Kultur.

Das Buch ist eine Aufforderung sich in die Ökonomie einzumischen. Wenn Sie mitmachen wollen, hinterlassen Sie bitte Ihre E-Mail Adresse.

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